Verlegerhaus
Im Wandel der Zeiten

Die Geschichte  des Verlegerhauses

Die Geschichte des Verlegerhauses bis 1872​

Die Geschichte des Verlegerhauses begann in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Wie Herr Strehlow in Dresden ermitteln konnte, wurde es erstmals 1657 urkundlich erwähnt. Bis 1872 war dasVerlegerhaus im Eigentum der Spielzeug­verleger­familie Hiemann.
Diesem Namen bzw. weiteren Spuren dieser Familie begegnen Sie, wenn Sie das Spielzeugmuseum in Seiffen besuchen. Die jeweiligen Besitzer aus dieser Familie werden in Kirchen- und Gerichtsbüchern als Kunstdrechsler, Kauf- und Handelsherren angegeben.

In Merkels Erdbeschreibung von Kursachsen, Leipzig 1804, wird (über Seiffen) berichtet:

„… Die Drechsler selbst geben sich selten mit dem Vertrieb ab. Manche tragen ihre Waren nach Grünhainichen, die meisten aber liefern sie wöchentlich, gegen baare Bezahlung, an die Aufkäufer Hiemann, Augustin und Einhorn in Seifen. Der erstere hat durch Betriebsamkeit und Erfindergeist sich und die ganze Fabrik ausserordentlich gehoben, und der grösste Absatz derselben nach Rußland, Preussen, Frankreich, Spanien, Portigall, Amerika, Ostindien etc. geht durch seine Hand. Er zahlt oft wöchentlich über 1’000 Thaler an Drechsler, und giebt diesen, auf Verlangen, zum Theil Materialwaaren für ihre Arbeit. Ueberdies handelt er auch mit Weinen, Tuch etc. Durch seine ausgebreiteten Verbindungen und Thätigkeiten verschaft er den Drehern immer neue Models, oder erfindet und verbessert selbst. Die Farben liefert auch Hiemann….“

In einem Katastrum von Heidelberg (heute ein Ortsteil von Seiffen) vom 01. Oktober 1811 wird der Besitz von Samuel Friedrich Hiemann wie folgt beschrieben:

„…ein übersetztes Wohnhaus mit eingebautem Kuhstall, angebautem Waschhaus, einen Pferdestall, eine Scheune nebst Wagenschuppen und ein Nebengebäude mit Erd- und Obergeschoss, welches zur Holzwaarenniederlage (Lagergebäude)diente und nicht bewohnt wurde. An Vieh zählte man 2 Pferde und 1 Fohlen, 5 Kühe, 3 Kalben, und Ziege, dazu ungefähr 15 Scheffel Feld und Wiese…“

Die Geschichte des Verlegerhauses von 1872 bis zur Gegenwart

Der zweite Abschnitt der Geschichte des Verlegerhauses begann 1872.  Von 1872 – 1912 befand sich das Grundstück in Besitz der Familie Wagner/ Matthes, die einen Kolonialwarenhandel und Landwirtschaft betrieb. Der Laden wurde von dieser Familie noch bis 1934 im Haus weiter geführt. Es war ein „Tante-Emma-Laden“ im wahrsten Sinne des Wortes, weil die Betreiberin Emma Matthes hieß.

In unserem Familienbesitz befindet sich das Anwesen seit Dezember 1912, als es unser Groß-/Urgroßvater erwarb.  Er war Drechslermeister und Landwirt. Seit diesem Zeitpunkt wurde in unserem Haus nicht nur gehandelt, sondern auch Holz verarbeitet. Damit begann der dritte und zugleich gegenwärtige Abschnitt der Geschichte des Verlegerhauses

Bis heute halten sich aus dieser Zeit im familiären Sprachgebrauch Bezeichnungen für bestimmte Räume wie z.B. Laden, Niederlage, Schneidsaal, Bauernküche, Arbeitsstube, Wasserhaus, Hauskeller und Ruß- oder Schwarzküche.

Zum Handel und zur Holzverarbeitung wurde parallel stets Landwirtschaft betrieben. Diese wurde in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eingestellt, als sich die Bauern zu Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zusammen schließen mußten. Unsere beiden Pferde („Fritz“ und „Liese“) standen aber noch bis Mitte der siebziger Jahre im Stall in der Scheune. So lange konnte „Onkel Richard“ die beiden noch bewegen und pflegen.

Wurden bis zum Beginn des 2. Weltkrieges im Haus typische Seiffener Waren produziert bzw. gedrechselt, änderte sich die Produktion nach dem Krieg. Ab 1945 wurden hauptsächlich Schuhbodenteile, Schuhgelenke und Absätze aus Holz hergestellt und nur in geringem Umfang auch Pyramiden, Adventsleuchter und Räucherhäuschen.

1972 musste der elterliche Betrieb, wie alle privaten Industriebetriebe, an den Staat verkauft werden. Unter dem Namen „VEB Spanholz Seiffen“ wurde die Produktion im Haus fortgeführt.

1990 begann die Reprivatisierung der elterlichen Firma, sie war Ende 1992 abgeschlossen. Die reprivatisierte Firma entwickelte sich, und es zeigte sich bereits zu diesem Zeitpunkt die Notwendigkeit der Erweiterung der Produktionsräume. Das war im elterliche Haus nicht möglich, die Firma wurde Ende 1993 in ein anderes Grundstück verlagert. Damit ging die Zeit der Produktion im Haus zu Ende, und es wurde erst einmal „still“ im Haus.

Die erneute Bestätigung des Denkmalschutzes für das Anwesen 1993 und die Einschätzung, dass es nach wie vor einen „Ortsbild prägenden Charakter“ hat, bestätigten uns in unserer Meinung, dass die Stille endlich sein müsste.

Die „Neue Zeit“ begann mit der Sanierung 1997 und brachte neues Leben ins Haus. Darüber sind wir sehr froh und Sie können darüber im nächsten Punkt nachlesen.